Direkt zum Hauptbereich

Snapshot Shorts Vol. 7

What Time is it There? (Tsai Ming-Liang, Taiwan 2001) -- fantstisch stiller Arthausfilm, der beinah alles Preziose umschifft. Beinah - doch etwas Pathos darf gerne sein, um der Fernenliebe Gestalt zu verleihen. Schön gefilmt und der Film mit dem Aquarium.

Bright Future / Akarui Mirai (Kiyoshi Kurosawa, Japan 2003)
-- Aquarium, diesmal samt Qualle. Metaphorik à la Kurosawa. Allegorien im Sekundentakt und aufeiandrprallende Bildwelten. Darunter kriecht der creepige Horror. Auch hier: wunderschöne Bilder in einem kaum verständlichen Film. Da sind wohl mehrere Sichtungen nötig.

Violence at High Noon / Daylight Phantom Killer / Hakuchu no torima (Nagisa Oshima, Japan 1966) -- Oshima macht das wieder sehr geschickt: in der Tarnung eines Serienkiller-Thriller-Plots verbirgt sich eine Studie über zwischenmenschliche Abgründe, eine Analyse von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen in "Liebes-"Beziehungen, und ganz politisch: die Erzählung über das Scheitern einer linken, autark lebenden Landkommune, die nach einer Überschwemmung vor dem Nichts steht.
Zur großartige Kameraarbeit (als Beispiel sei auf den Anfang verwiesen, in welchem man den Vergewaltiger Eisuke hinter einer Papierwand herschleichen sieht, die von senkrechten Holzstäben strukturiert wird. Noch bevor man das Gesicht des Mannes sieht, weiß man schon: dieser gehört hinter Gitter. Da schiebt er die Türe bei Seite, aus dem Kamerabild wird ein pov auf die am Boden knieende, putzende Frau, den Ausschnitt an der Achsel, eine Hautfalte kommt ins Bild, dann Schnitt zurück, eine Auge in extremer Nahaufnahme, Schweiß, ein halbverdecktes Bild eines Lüstlings. Da zieht er sich zurück) gesellt sich ein phantastischer Score und eine Erzählweise mit den formalen Mitteln eines Kinos, das sich herkömmlichen Continuity-Standards verweigert und auch auf dieser Ebene den gemütlich im Sessel sitzenden Zuschauer zu verunsichern weiß.

Sanxia haoren / Still Life (Jia Zhang-ke, China/HK 2006) -- Die Stadt Fengjie verschwindet dank des Drei-Schluchten-Staudammes in den Fluten des aufgestauten Jangtze, die Menschen werden zwangsumgesiedelt, Häuser entkernt und niedergerissen, alles verwertet was geht, Prestigeobjekte gebaut. In dieses Umbruchschaos gerät ein Bauer und Wanderarbeiter aus dem Norden auf der Suche nach seiner damals zwangsverheirateten Frau und seiner Tochter, die ihm beide weggelaufen sind. Quasi auch ein komplementärer Film zu BLIND MOUNTAIN. Optisch überwältigend, komplex erzählt, in jeder Hinsicht großartig.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

Kandagawa Wars / Kandagawa Inran Senso (Kiyoshi Kurosawa, Japan 1983)

Zwei aufgedrehte Mädels beobachten mit ihren Ferngläsern des Nachts nicht nur die Sterne am Firmament, nein, sondern auch den Wohnblock auf der anderen Seite des Flusses gegenüber. Dort nämlich spielt sich Ungeheuerliches ab: ein junger Mann, der sich für Godard, John Ford, Deleuze und seine Querflöte interessiert, wird von seiner Mutter in regelmäßigen Abständen zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Diese inzestuöse Schweinerei können die beiden nicht mehr länger tolerieren und so planen sie, den Unterdrückten aus seiner Sexhölle zu befreien - um ihn selbst zu besteigen, quasi als Heilmittel. Dabei haben sie nicht bedacht, dass der junge Herr vielleicht sogar ganz glücklich war mit seinem Muttersöhnchenstatus. Einmal fremdgegangen, will er sich direkt von der Brücke stürzen. Zudem wäre auch im eigenen Bette zu kehren: denn eine der beiden aufgeweckten Freiheitskämpferinnen wird selbst recht ordenlich unterdrückt. Ein ekliger Brillentyp, sowas wie ihr Freund, besteigt sie in unersättli