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Fire of Conscience / Fire Dragon / For lung (Dante Lam, Hongkong 2010)


Die beiden Cops Kee (Richie Ren) und Manfred (Leon Lai) beginnen zusammen zu arbeiten, als sich herausstellt, dass ihre Fälle einen gemeinsamen Hintergrund haben. Der Saubermann Kee überrascht dabei plötzlich mit radikalen Methoden, die ihm niemanden zugetraut hätte. Manfred ist sowieso ein harter Hund, seit die böse Unterwelt seine Frau samt ungeborenem Kind auf dem Gewissen hat. Dass Kee einen hinterlistigen Plan ausführt, stellt sich erst heraus, als schon so einiger Blutzoll entrichtet wurde.

Dante THE BEAST STALKER Lams neuer Film ist ein verworrenes Etwas: das Skript geht in den ersten beiden Dritteln völlig drunter und drüber, es weiß Aktionen nicht zu gewichten, die gleichzeitigen Ermittlungen in den drei (!) Kriminalfällen bleiben über weite Strecken nicht nachvollziehbar. Stark wird der Film immer in seinen Actionszenen; und da kann man wohl sagen, dass es Lam wie kaum ein anderer schafft, diese von der ästhetischen als auch von der kreativen Seite her unvergleichlich zu inszenieren (siehe der Anfang). Das ist dermaßen gut und überraschend choreographiert und eingefangen, von einem unglaublichen Tempo und einer Frische, die völlig einnehmend wirkt. Es ist beinah ein Unding (und man bemerkt es erst gar nicht): in diesen Szenen läßt Lam tatsächlch alle Musik komplett weg! Doch diese Stille wirkt in ihrem Kontrast enorm spannungsaufbauend, sie saugt einen dermaßen an und läßt die brutalen Stellen unerträglich herbe wirken (ganz im Gegensatz zum hollywoodianischen Inszenierungshabitus, alles in Score und Geräuschwelten zu ertränken, so dass vom Crash, vom Punch, vom Schuß und Gesplitter schon gar nichts mehr wahrzunehmen ist, da es sich in all den Krabumm eingliedert.) Hier ist jeder Schlag noch ein Schlag - auch weil man ihn einfach nur ganz dezidiert hört. So einfach kann's gehen.

Gegen Ende glätten sich die Wogen der Konfusion dann etwas, der Film erklärt sich durch Flashbacks, macht Motivationen und Hintegründe deutlich, er rundet sich merklich. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht doch stets in seinen ausufernden Subplots zu ertrinken drohte. Doch der excellente Cast macht einiges wett: auch die Hauptfiguren der zweiten Reihe sind ausgezeichnet. Michelle Ye als toughe Polizistin May, die viel herumgeschickt wird, Kai Chiu Liu als Bao Wang, der sich mit den Gangstern eingelassen hatte. Und am Ende dürfen wir trotz der vielen Toten und der zerstörten Leben noch etwas Gnade erfahren...

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Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

No Blood Relation / Nasanunaka (Mikio Naruse, Japan 1932)

Der etwa ein Jahr vor Apart from You entstandene Film Nasanu naka , Naruses erster Langfilm, ist unter den noch verfügbaren Stummfilmen eine deutlich ungehobeltere Produktion, als dessen recht bekannter Nachfolger. Schon die Eröffnungssequenz ist ein richtiger Tritt vor die Brust. Mit schnellen Schnitten und agiler Kamera wird die turbulente Verfolgung eines Taschendiebes gezeigt. Bevor der Dieb später auf offener Straße, so die komödiantische Auflösung, die Hosen herunterlässt um seine Unschuld zu beweisen (übrigens sehr zum Amusement der ebenfalls anwesenden jungen Damen, die aus dem Kichern nicht mehr herauskommen). Die Eröffnung aber ist gleich ein radikaler Reißschwenk über eine Straßenszene hinweg, hinein in eine schreiende Schrifttafel mit dem Ausruf: DIEB! Hier die Sequenz: Darauf die Verfolgung des Taschendiebes durch die alarmierten Passanten, die von der Straße zusammenkommen oder aus den umliegenden Geschäften herausstürzen, alles mit schnellen Schnitten m