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Es werden Posts vom Februar, 2013 angezeigt.

Cruel Winter Blues / Yeolhyeol-nama (Lee Jeong-beom, Südkorea 2006)

Das Debut des THE MAN FROM NOWHERE -Regisseurs musste ich auf jeden Fall nachholen, zumal man von diesem überwiegend positive bis überschwängliche Filmbesprechungen zu lesen bekommt. Allein, die Kritik, die man an MAN FROM NOWHERE üben kann, trifft bedingt auch auf den Vorgänger zu: denn man befindet sich in einer allzu bekannten Gangsterwelt, mit all ihren Stereotypen und wiederkehrenden Motiven. Jedoch, CRUEL WINTER BLUES weiß in einigen Punkten zu überraschen, die Mechanismen des Genres aufzubrechen und dann wirklich sehr zu begeistern. Das liegt schon daran, dass der völlig unübersichtliche Plot sich erst mit der Zeit entzerrt, bevor er sich kurioserweise wieder verzerrt, um sich dann schließlich zu glätten. Man merkt schnell, dass hier eine verstolperte Prämisse notwendig war, um den Film ins Laufen zu bekommen; und dass diese aber nicht viel mehr als ein Vorwand ist, um etwas ganz anderes zu erzählen. Dieses Andere ist dann etwas sehr Menschliches, das in diesen Gangsterplot h

Berlinale: Powerless (Fahad Mustafa & Deepti Kakkar, Indien 2013)

Die Stadt Kanpur in Indien: eine der größten Industriestädte im Bundesstaat Uttar Pradesh ("The Manchester of Asia"), die die meisten Blackouts weltweit zu verzeichnen hat. Denn die Energieversorgung ist bei weitem nicht ausreichend für die rasant anwachsende Bevölkerung. Folglich hat sich in der Bevölkerung die Unsitte eingeschlichen, Strom zu stehlen. Mit kleinen Haken versehen, werden Drähte über die großen stabilen Hauptleitungen geworfen, um Strom zu zapfen. Oder man bezahlt einen selbsternannten "Elektriker" dafür, eine fest installierte, aber illegale Leitung zu legen. Dies ist freilich recht gefährlich, wie man an sprühenden Funken, Kabelbränden und explodierenden Generatoren in diesem Dokumentarfilm eindrucksvoll geschildert bekommt. Und so sind die Kabelnetze, die die Straßen und die Häuser überziehen das erste, was einem auffalle, wenn man Kanpur besuche. So die beiden sympathischen Regisseure im Anschluß an den Film im Q&A. Diesem Phänomen wollte

Berlinale 2013: Kai Po Che / Brothers for Life (Abhishek Kapoor, Indien 2013)

Indien in den frühen 2000er Jahren: die drei besten Freunde Ishaan (Sushant Singh Rajput), Omid (Amit Sadh) und Govind (Raj Kumar Yadav) sind unzertrennlich, streunen voller Euphorie durchs Leben und wissen doch nicht genau, wohin sie eigentlich wollen - die Verpflichtungen des Erwachsenseins melden sich immer dringlicher und das schlechte Gewissen wird größer. Insbesondere Ishaan, der von Cricket total besessen ist, hat einen Hang zum Cholerischen und scheint auch der größte Tagedieb der drei Freunde zu sein. Da kommt ihnen der scheinbar geniale Gedanke, die Leidenschaft zur Geschäftsidee zu machen und sie eröffnen eine Cricket-Fachgeschäft mit angeschlossener Sportschule, da sich hinter dem Laden eine große ungenutzte Fläche befindet. Ishaan soll trainieren, Govind als der Vernünftigste kümmert sich um die Finanzen und wird der Manager, Omid besorgt das Startkapital. Doch der Onkel, der finanziell einspringt und in dessen Schuld sie nun stehen, verpflichtet Omid in seine Partei

Berlinale: Nobody's Daughter Haewon / Nugu-ui ttal-do anin Haewon (Hong Sang-soo, Südkorea 2013)

Hong Sang-soos Wettbewerbsbeitrag zur diesjährigen Berlinale ist eine federleichte Schrulle mit einigen dunklen Tönen. Es geht um die hübsche Studentin Haewon (Jung Eun-chae), die in einer Beziehung zu ihrem verheirateten Universitäts-Professor feststeckt, und die ganz gerne und wohl immer häufiger dem koreanischen Reiswein Soju zuspricht. Überhaupt lassen sich wieder alle bereits bekannten Motive aus Hongs früheren Filmen finden: der Regisseur, der mit seinen Studenten trinkt, eine niedergeschlagene Protagonistin, die in ihrem Leben etwas ändern muss, immer wiederkehrende Locations, die von einer schlichten und nüchternen Kamera eingefangen werden, die plötzlichen Zooms, ein paar unvermittelte Schwenks in einer ansonsten statischen Bildgestaltung. Eine Einfachheit im Bild, die nicht an Schönheit interessiert ist - und die gerade dadurch sehr zu faszinieren vermag. HAEWON ist auch eine Komödie und eine Farce, die zwischen der Ungewissheit des Traums und der Ungewissheit seiner

Berlinale: A Legend or Was It? / Shito no densetsu (Keisuke Kinoshita, Japan 1963)

Und dann plötzlich kommt diese unerwartete, völlig großartige Szene des Widerstandes: die junge Frau ergreift in Panik das Gewehr, eine Schrotflinte, die Kamera plötzlich von unten aus Kniehöhe, zeigt uns den neuen Helden des Films: sie schreit die Männer an, die gekommen sind um zu morden - und macht dann kurzen Prozeß, drückt ab, verjagt die Dämlacken, diese Dorfbewohner. Plötzlich also ein Bild, wie wenn Meiko Kaji aus einem der Exploitationfilmen der 70er auf der Leinwand erschienen wäre, die sich dazu entschloßen hat, sich nun endlich nichts mehr gefallen zu lassen. Konnte das nur eine Frau tun, die aus Tokyo stammt? Keisuke Kinoshitas A LEGEND or WAS IT? aus dem Jahr 1963 ist keines der shomingeki - Familiendramen, die mit Leichtigkeit und etwas Bitternis von scheinbar alltäglichen Katastrophen im Kleinen erzählen - er beginnt nur so. Eine Idylle auf Hokkaido, Landarbeiter, Farbfilm. Dann ein Bruch, Schwarzweiß, die Familie aus Tokyo, die vor dem Krieg nach Hokkaido geflücht

Berlinale: Tian mi mi / Together (Hsu Chao-jen, Taiwan 2012)

Eine der Figuren sitzt da wie ein Tropf, gefangen in ihrem Leben, das auf eine Ehe mit einem japanischen Buchhändler hinsteuert, der nicht bemerkt, dass ihre Leidenschaft verflogen ist. Der heliumgefüllte Fisch soll aber nicht in der Wohnung gefangen sein, sondern durch die Lüfte schweben können... Derart könnte man sich über den Film lustig machen, oder über diese eine Metapher. Was allerdings eine ziemliche Verzerrung wäre, denn TIAN MI MI ist ein gelungenes, sympathisches slice of life-Alltagsdrama aus Taipei in Taiwan. Besagte junge Frau hat sich in einen Nachbarn verkuckt, einen Drucker, der die Hochzeitseinladungen erstellen sollte. Ein Mann, der selbst verheiratet ist mit einer Marketenderin, die an ihrem Straßenstand frisch gepresste Säfte anbietet, und mit der er zwei Kinder hat. Auf dieser Familie liegt denn auch auch der Fokus des Films, zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben der einzelnen Personen, und vermittelt so ein liebevolles Bild aus dem heutigen Taipei. Wie der Reg

Berlinale: The Grandmaster / Yi dai zong shi (Wong Kar-wai, Hongkong/China/Frankreich 2013)

THE GRANDMASTER, ein Film wie nicht von dieser Welt, einer, der sich merkwürdig, der sich wie eine lange Erinnerungsspur in die Vergangenheit hinein anfühlt, der auf der Lebensgeschichte des Wing Chun-Experten Ip Man (Tony Leung) basiert, dem legendären Lehrer von Bruce Lee. Der Film erzählt vom Kampf zweier Martial Arts-Meister vor dem Hintergrund der Kriegswirren um die japanische Invasion. Zugleich ist der Film aber auch eine Liebesgeschichte (Zhang Ziyi). Ein Film der Gesichter in Groß- und Nahaufnahmen, des Ornamentalen, der entrückten Räume. Ein Film, der vorgeblich historisch erzählt und doch völlig ahistorisch ist in seiner Raumabbildung, in seinem wie von allem losgelösten Erzählfluß. Wobei "erzählen" wortwörtlich zu verstehen ist, denn THE GRANDMASTER ist ein völlig - Entschuldigung - verlabertes Kammerspiel mit eingestreuten Kampfkunst-Sequenzen. Ein cineastisches Erzählen mit den Mitteln der Bilder findet quasi nicht statt. Die Kämpfe sind rasend schnell, e