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HKIFF 2013: A Werewolf Boy / Neukdae Sonyeon (Jo Sung-hee, Südkorea 2012)


Jo Sung-hee, der mit seinem Debut END OF ANIMAL (2010) schon einen ordentlichen und verstörenden Arthousefilm vorlegte, erreichte mit seinem ersten, großen kommerziellen Film eine ziemliche Aufmerksamkeit: im Kino in Korea hat der Film sehr gut abgeschnitten und einen Achtungserfolg eingeheimst. Kein Wunder, bedient er doch einen jeden Geschmack...

In diesem stets leise grusligen Horrorfilmdrama um ein krankes Mädchen, das, umgezogen auf's Land in ein Hexenhaus, im Schuppen einen verwilderten "Wolfsjungen" entdeckt, ihm Nähe und Zuneigung schenkt und so in die Welt der Menschen führt, wartet man stets auf den Ausbruch des Animalischen. Denn der Junge, das sieht man schon auf dem Plakat, verwandelt sich unter Bedrohung in eine Bestie. In bester Werwolfmanier wächst das Tier aus ihm heraus: die Haare sprießen, die Hände formen sich zu Klauen, das Gebiß verformt sich mit reißenden Eckzähnen in eine tödliche Waffe. Dies freilich nur zum moralisch integeren Selbstschutz, etwa wenn er angegriffen wird oder die Geliebte schützen muss. Ein Schelm, wer da an Fantasy - Vampirromanzen, die unter Verzichtsprämisse stehen, denkt. A WEREWOLF BOY freilich hat einen eigenen Ton, eine eigene Atmosphäre. Mal Komödie, mal sympathisches Slice-of-Life-Drama, mal Liebestragödie, dabei stets unterhaltend und beim Sehen weit weniger aufdringlich wie hier beim Auflisten der Standards und Schablonen vielleicht zu vermuten wäre: dieser Film macht durchaus Spaß. Die Schauspieler sind aber auch alle wirklich sehr süß! - oder wenn zum Spannungsaufbau der Film einfach über lange Zeit sehr sehr still wird. Das ist immer wieder originell und bannt den Blick. Es steckt eben doch etwas mehr im Film, als nur eine einfache geschnulzelte Fabel.

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Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

No Blood Relation / Nasanunaka (Mikio Naruse, Japan 1932)

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