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Es werden Posts vom August, 2015 angezeigt.

The Taking of Tiger Mountain (Tsui Hark, China / Hongkong 2014)

Tsui Harks jüngste 3D-Filmoper, die nach zwei Wochen Spielzeit das chinesische  Boxoffice zu neuen Höhenflügen gebracht hatte, hat ein paar wirklich herausragende Szenen zu bieten. Am Beeindruckendsten ist vielleicht der Kampf des Helden als Undercover-Agent Yang Zirong (Zhang Hanyu, der wenig wie Hugh Jackmans Wolverine aussieht) mit einem riesigen aggressiven Tiger, der ihn urplötzlich in der schneebedeckten Wildnis Nordchinas überfällt. Zirong flüchtet sich um Haaresbreite auf einen Baum, wo er aber beileibe nicht sicher. Der Tiger folgt ihm, mit List und Tücke, versteckt sich, springt hervor, schlägt die Krallen in den Stamm, dass es dem Helden einen Arm herausgerissen hätte. Ständige Absturzperspektiven. Alles in halbdunkler Nacht vor Gewitterhimmel, der einsame Tod im Schnee, die schwarzen Krähen. So atmosphärisch wie spektakulär ist eigentlich der gesamte Film. Er erzählt die Geschichte (nach der literarischen Erzählung Tracks in the Snowy Forest von Qu Bo) einer Einhe

Dharam Sankat Mein (Fuwad Khan, Indien 2015)

Im indischen Kino werden relativ häufig religiöse Differenzen thematisiert. Kein Wunder, kommt es doch in der Bevölkerung immer wieder zu massiven Diskrepanzen und sogar zu blutigen Ausschreitungen, bis hin zu wirklich schrecklichen Ereignissen. Nicht so häufig kommt es vor, dass diese Diskrepanzen in einer lockeren Komödie abgehandelt werden, zudem noch vermischt mit der universell im Masala-Kino vorherrschenden Heiratsproblematik. Die beiden Liebenden können nicht zueinander finden, weil... In diesem Film ist es ungewöhnlicherweise die Vaterfigur, durch die wir die Ereignisse betrachten und nicht durch die Augen der Liebenden. Mit dem ganz speziellen Dreh, dass hier der Vater, ein Hindu, im Nachlaß seiner Mutter eine Adoptionsurkunde von ihm selbst entdeckt: er wurde als Muslim geboren und dann von Adoptiveltern als Hindu groß gezogen. Ein Schock für Dharampal (Paresh Rawal), der Muslime überhaupt nicht leiden kann und mit dem einzigen Muslim in der Nachbarschaft, dem Rechtsan

Die 10 besten Asiatischen Filme auf Netflix

On the Job (Erik Matti, 2013)  Immer wieder wird auf den sozialen Netzwerken der Wunsch nach Orientierung laut: "Welchen Film meines Streaming-Anbieters soll ich heute Abend nur schauen?" liest man nicht gerade selten Sonntag abends auf Twitter, worauf eine Lawine an Empfehlungen von Leuten heranrollt, die sich alle selbst gerade nicht entscheiden können, was sie schauen wollen. Man finde sich nicht mehr zurecht, so der Tenor, im großen Nebeneinander, wo jede Anleitung fehlt und jede Kuratierung längst flöten gegangen und allenfalls durch die Dauer des Lizenzvertrages geregelt ist - da wünschen sich viele Tipps, was man denn nun sehen sollte. Abgesehen davon, dass man sowieso tendenziell soviel wie möglich sehen sollte, will ich, da mich eben auch immer wieder Anfragen erreichen, hier ein paar Tipps zum asiatischen Filmangebot geben (Disclaimer: ich bin erst seit kurzem bei Netflix und war zuvor bei mubi - deswegen habe ich vielleicht nicht die komplette Übersicht; auß

Wild Animals (Kim Ki-duk, Südkorea 1997)

Eigentlich darf man über den Film gar nichts Wohlüberlegtes schreiben. Denn er selbst ist ein unbändig ruppiges Stück größter Orientierungslosigkeit und Verzweiflung, voller willkürlicher Zufälle, energetischen Eruptionen, höchster Gewalt, intimster Zärtlichkeit und grotesker Brutalität. Er wirft den Zuschauer von der einen Gefühlslage in die entgegengesetzte, unterlegt mit 80er Synthi- und arabischem Folklore-Pop. Grundiert mit der Verzweiflung zweier illegaler koreanischer Künstler (einer ein ehemaliger Soldat), die im "Milieu" von Paris zu Kleinkriminellen und schließlich zu Mördern werden. Die Frauen in diesem Film sind zwar allesamt begehrenswerte Wesen, müssen aber viel Leid und Gewalt ertragen und flüchten dann doch immer wieder in die Arme der falschen Männer. Und letztlich gilt auch für diese Männerbande, die ihre Homoerotik gut zu verbergen weiß: bros before hoes . Dennoch bringt der eine den anderen beinahe um. Schon für diesen frühen Film (davor gibt es nur n

Kakera: A Piece Of Our Life (Momoko Ando, Japan 2009)

"I want to help people with something missing." Riko Die zwei liegen nebeneinander im Bett, es ist früher morgen. Er schläft wie betäubt mit offenem Mund, sie ist schon länger wach. Außer den Tauben auf dem Balkon hört man nichts. Plötzlich läuft ihr eine Träne aus dem Augenwinkel, doch man hört keinen Ton. Angenervt zieht sie ihn kurz darauf an der Wange, und er wacht ebenso genervt auf, schlägt beinahe um sich. Dann springt er auf, rücksichtslos trampelt er über sie hinweg und schießt mit einer selbstgebauten Holzpistole die Tauben vom Balkon. Die Musik setzt ein. Vorspann. Traurigkeit schon am frühen Morgen, Traurigkeit, obwohl die Sonne scheint. Dann der Schnitt auf seinen kauenden Mund, wie er das Frühstück hineinmampft, sie, wie sie zurückhaltend an einem Stück Toast herumknabbert. Das Mädchen und der Rüpel, das Ende einer Beziehung? Auf dem Weg zur Arbeit oder wohin auch immer läuft er voraus, sie hintendrein. Sie reden nicht mit einander, es gibt wohl nicht v

Nastik (Pramod Chakravorty, Indien 1983)

"The devil played with us and God watched silently!" "Der Atheist" ist ein astreiner Revenge-Thriller mit ordentlich komödiantischen Einlagen, für die nicht nur Amitabh Bachchan verantwortlich ist (der singt als Protagonist und Anti-Held, weil Tagedieb, auch beinah alle (sehr) schönen Songs). Los geht es erstmal sehr grausam und brutal, und mit einem Rückblick auf die Jugend des Helden namens Shankar: als dessen Vater, seines Zeichens Priester eines Dorftempels, plötzlich krank wird und er selbst die Gebete sprechen muss, bemerkt er die kriminellen Absichten des Landlords, der die wertvolle Statue des Tempels stehlen will. Als er dies zu verhindern versucht, wird der Vater, der sich kurz vor seinem Tod nochmal zum Tempel geschleppt hat um seinem Gott näher zu sein, von eben dem Gutsbesitzer mit einem Krummdolch ermordet. Der Täter heisst denn auch schlicht und feinsinnig "Tiger" (Amjad Khan), der in einem Rundumschlag auch noch die Mutter und Schw

Monster Hunt (Raman Hui, China 2015)

 In China wird diese Arbeit des ehemaligen Dreamworks-Animators ( Shrek, Kung Fu Panda ) als Familienfilm beworben. Und tatsächlich gibt es auch ein paar süße Monster (die dann aber durchaus böse sein können), und sowieso sieht in diesem mystischen Königreich alles ganz familienfreundlich nach lustiger Mittelaltermarkt-Geschichte aus. Aber in dieser komplexen Gemengelage zwischen chinesischen Folktales und Fiktion geht es mitunter ganz schön gewalttätig zu. Nicht, dass hier Blut fließen würde. Aber es rummst so ordentlich durch den Wackelsessel im Hongkonger Multiplex, dass der Film sich direkt sehr eindrücklich in den Körper hinein fortsetzt.  Man fühlt sich wie in einem märchenhaften Historienfilm, in dem böse Drachen das - zuerst noch ungeborene Kind - der Monstersippe rauben wollen. Die Königin ist mit letzter Kraft entflohen, doch die Verfolger sind ihnen auf den Fersen. Da muss dann auch mal direkt ein ganzes Dorf dran glauben, wenn die brutalen Verfolger aus Rache und Ve

To The Fore (Dante Lam, Hongkong / China 2015)

Mit viel Aufwand wurde dieser Film produziert: die Schauspieler mussten sechs Monate mit dem Rad trainieren, gedreht wurde in verschiedenen Ländern auf mehreren Kontinenten, die Hürde, sich als Mann die Beine zu rasieren war wohl für viele Darsteller nicht einfach. Kein Witz. Der taiwanesische Radhersteller Merida stellte über dreihundert Räder zur Verfügung. Nach dem großartigen UNBEATABLE also ein weiteres Sportler-Drama von Actionmaestro Dante Lam. Und dennoch ist TO THE FORE im Kern wohl oder übel  nichts anderes als eine Liebesgeschichte. Zwei gut aussehende Sportler kämpfen um dieselbe Frau und ums gelbe Trikot. Und ein Koreaner will ihnen die Suppe vermiesen. Es ist der Sprung vom Amateur- zum Profisport, dabei kommen wie zwangsläufig ein paar zwischenmenschliche Ideale unter die Räder, einmal geht es im bedingungslosen Kampf auch um Doping. Und dennoch, wie gesagt, geht es vor allem um die Liebe, und wenn es nicht klappt, dann wird gierig Whisky getrunken. Ein besti

Attack on Titan (Shinji Higuchi, Japan 2015)

Der Film wirft den Zuschauer gleich von Beginn an unmittelbar und mitten in die Handlung hinein. Ganz so, als wären die Rahmenbedingungen dieser postapokalyptischen Welt sowieso jedem bekannt (Mangaleser der Originalvorlage sind im Vorteil). Ein bisschen unausgelebte Liebessehnsucht zwischen Figuren, die man erst nach und nach kennenlernt. Ein bisschen bukolischer Schmalz, damit die Fallhöhe nachher größer ist. Ein bisschen Steampunk, damit man neben all dem künstlichen CGI noch was Handfestes hat. Ein bisschen Mittelaltermarkt in der Zukunft, damit die Fans von THE HUNGER GAMES / TRIBUTE VON PANEM sich direkt wohlfühlen können. Und dann kommen recht schnell schon die Titanen und ein barbarisches Gemetzel beginnt, dass einem Hören und Sehen vergeht. ATTACK ON TITAN muss im Netz viel Schmäh, Schimpf und Schande einstecken, da sind wohl einige nicht zufrieden. Entweder wird das CGI beanstandet, das nicht die technische Perfektion habe, die so ein Film bräuchte; oder es werden die

Hong Kong International Summer Film Festival 2015: Piku (Shoojit Sircar, Indien 2015)

Man könnte natürlich ganz salopp und irgendwie provokant zum Besten geben, dass PIKU ein Film über Amitabh Bachchans Verdauung ist - schiebt er doch einen riesigen, angeschwollenen Bauch durch den ganzen Film und hat es sich als Hypochonder ganz gut eingerichtet. Ganz falsch liegt man damit nicht, und vielleicht sagt das auch etwas über den Starstatus gewisser Leute im indischen Kino aus. Er hat z.B. mit über 16 Millionen zwei Millionen mehr Follower auf Twitter als Shah Rukh Khan und zehn Millionen mehr als Tom Cruise. Aber eigentlich ist das Nicht-aufs-Klo-Können natürlich nur der Aufhänger, Dreh- und Angelpunkt für eine Komödie der autoritären Familienkonflikte, für ein Drama, in dem verschiedene Figuren Dinge lernen, ein Einsehen haben, vielleicht umdenken irgendwann. Der Impuls kommt wie so oft (und schematisch) von außen: der Betreiber eines Taxiunternehmens (Irrfan Khan) treibt dem streitlustigen Alten (Amitabh Bachchan) den bengalischen Standesdünkel aus und empfiehlt s